Bader Förster Schubert - Die Beratungsunternehmer

Perspektiven 09

BFS | SPEZIAL FÜR HEILBERUFE

Kritische Themen bei der Praxisgemeinschaft

Bei der Praxisgemeinschaft steht die gemeinsame Nutzung von Praxisräumen, Praxiseinrichtungen sowie die gemeinschaftliche Beschäftigung von Personal im Vordergrund, um Kosten zu sparen. Oftmals entsteht der Eindruck, dass an einen Gesellschaftsvertrag zur Gründung einer Praxisgemeinschaft – im Gegensatz zu einer Berufsausübungsgemeinschaft – geringere Anforderungen zu stellen sind. Dabei sind gerade bei der Praxisgemeinschaft einige Besonderheiten bei der Abfassung gesellschaftsvertraglicher Regelungen zu beachten.

In Gesellschaftsverträgen wird häufig vereinbart, dass sich ein Gesellschafter nach seinem Ausscheiden aus der Praxis für eine bestimmte Zeit in einem bestimmten Umkreis um die bisherige Praxis nicht niederlassen darf. Ob derartige Klauseln auch in Praxisgemeinschaftsverträgen zulässig sind, ist rechtlich strittig. Überwiegend wird angenommen, dass Wettbewerbsverbote zu Lasten des aus einer Praxisgemeinschaft ausscheidenden Arztes unzulässig sind. Begründung: Nachvertragliche Wettbewerbsverbote resultieren aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht. Da in der Praxisgemeinschaft jeder Gesellschafter seinen Beruf eigenständig ausübt, fehlt es insoweit an einem schutzwürdigen Interesse. Da die Praxisgemeinschaft lediglich Organisationsgemeinschaft ist, kommen die Behandlungsverträge stets mit dem einzelnen Arzt zu Stande, so dass eine Praxisgemeinschaft gerade nicht über einen gemeinsamen Patientenstamm verfügt. Das typische Risiko, dass der ausscheidende Arzt dem verbleibenden Arzt Patienten „wegnimmt”, könne somit schon gar nicht bestehen, sodass bereits Sinn und Zweck des Wettbewerbsverbotes leer liefen.

Wie ausgeführt, verfügt eine Praxisgemeinschaft nicht über einen gemeinsamen Patientenstamm. Haben Ärzte in einer Praxisgemeinschaft zum Teil gemeinsame Patienten, so birgt dies die Gefahr in sich, dass es zu Honorarberichtigungen kommt. Abrechnungsauffälligkeiten werden bei versorgungsbereichsgleichen Praxisgemeinschaften vermutet, wenn eine Übereinstimmungsquote von 20 Prozent (bei versorgungsbereichsübergreifenden von 30 Prozent) überschritten wird. In der Folge kann es zu Abrechnungsschwierigkeiten kommen, es sei denn, die Notwendigkeit einer medizinisch notwendigen „Doppelbehandlung” kann nachgewiesen werden. Bestätigen sich die Abrechnungsauffälligkeiten, wird ein sog. Gestaltungsmissbrauch angenommen, das heißt faktisch liegt eine nicht genehmigte Berufsausübungsgemeinschaft vor. Möglichen Folgen hieraus können, neben den Honorarberichtigungen, auch disziplinarrechtliche Konsequenzen sein.

Auf die Aufnahme nachvertraglicher Wettbewerbsverbote in Praxisgemeinschaftsverträgen sollte aufgrund der Unsicherheit bzgl. der Wirksamkeit der Klauseln eher verzichtet werden. Im Hinblick auf den Patientenstamm ist bestehenden Praxisgemeinschaften zu raten, den Aspekt des (teilweise) gemeinsamen Patientenstammes im Auge zu behalten, da stets die Gefahr besteht, dass die KVen die Berechtigung zur getrennten Abrechnung überprüfen. Bei Neugründung von Praxisgemeinschaften können die kritischen Aspekte von Beginn an vertraglich festgelegt werden.