Perspektiven 18

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

gibt es in Deutschland Tendenzen zur Kriminalisierung der Steuerpflichtigen? Wenn es nach dem Finanzminister von Nordrhein-Westfalen, Herrn Dr. Norbert Walter-Borjans, geht, ja. Nach den Kapitalanlegern soll wieder mal eine Gruppe für massiven Steuerbetrug verantwortlich sein. Nach Herrn Walter-Borjans geht es nicht um Millionen sondern um Milliarden. Diese würden Deutschlands Gastwirte und Einzelhändler jährlich an Steuern hinterziehen. In Zeiten, wo mit deutschen Steuergeldern ganz Europa gerettet werden muss, ist die Milliarde mittlerweile die kleinste Rechengröße. Glaubt man den Aussagen des Finanzministers, fehlen dem deutschen Staat durch massenhaften Betrug an manipulierten Kassen bis zu 10 Milliarden jährlich.

Doch worauf basieren die Schätzungen des nordrhein-westfälischen Finanzministers? Angeblich orientieren sich die Schätzungen an den Erfahrungen der Finanzverwaltung und beruhen darüber hinaus auf Studien aus anderen Industrieländern. Aber in welcher Höhe wurden in den letzten fünf Jahren nachweislich im Bereich Handel und Gastronomie Steuern hinterzogen? Hierzu liegen dem Finanzminister offensichtlich  keine Informationen vor, da entsprechende Aufzeichnungen erst gar nicht geführt werden. Herrn Walter-Borjans Kampagne beruht also auf Erfahrungen aus anderen Ländern, wie etwa Kanada oder Südafrika. Ansonsten hat er keine Belege, weder dazu, ob Steuerhinterziehung im Einzelhandel systematisch stattfindet, noch dazu, in welchem Umfang. Dem Finanzminister ist offenbar jedes Mittel recht, deutsche Steuerpflichtige zu kriminalisieren um Aufmerksamkeit im Blätterwald zu erzeugen. Der Minister hat offensichtlich jedes Augenmaß verloren.

Beste Grüße
Thomas Förster