Bader Förster Schubert - Die Beratungsunternehmer

Perspektiven 07

Perspektiven 07

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

noch in diesem Jahr wird das Bundesverfassungsgericht voraussichtlich darüber entscheiden, ob die Erbschaftsteuer in ihrer jetzigen Form rechtmäßig ist, und einiges spricht dafür, dass die Richter den mühsam gefundenen Kompromiss aus dem Jahr 2008 in Teilen annullieren werden. Formal geht es um die Vorzugsbehandlung, die der Staat den Erben von Familienunternehmen einräumt, weil er mit der Steuer keine Arbeitsplätze gefährden will. Der Bundesfinanzhof sieht darin eine unerlaubte Diskriminierung aller übrigen Erben, die auf Spareinlagen oder Immobilen teils viel höhere Steuern zahlen.

Kippt Karlsruhe das Gesetz, ist das Gesamtpaket wieder aufgeschnürt. Dann geht der Streit ums Erben von vorne los, der emotional so aufgeladen ist wie wenige politische Konflikte. Als die Richter das Gesetz vorigen Herbst auf den Weg nach Karlsruhe schickten, forderte die FDP die komplette Abschaffung der Steuer, während Linke und Grüne das Erbschaftsteueraufkommen durch geringere Freibeiträge steigern wollen.

Nach Zahlen der OECD für das Jahr 2010 machen Steuern auf Vermögenswerte in Deutschland nur 2,3 % des gesamten Steueraufkommens aus. In den Vereinigten Staaten sind es 12,8 %, in Großbritannien 12,3 % und selbst in der benachbarten Schweiz noch 7,4 %.

Die Befürworter hoher Erbschaftsteuern nehmen nicht die Perspektive des Erblassers ein, sondern die des Erben. Ihm fallen Güter in den Schoß, für die er nichts geleistet hat. Studien aus den Vereinigten Staaten legen nahe, dass Erben weniger arbeiten und weniger sparen. Dafür sind sie überdurchschnittlich oft unternehmerisch engagiert, was nicht verwundert, wenn das Unternehmen doch von den Eltern übernommen wurde.

Aus der Sicht des Erblassers sieht die Sache anders aus. Er hat sich das Vermögen selbst erarbeitet, also darf er nach den Prinzipien der Leistungsgesellschaft frei darüber verfügen. Die Vermögenden in Amerika versuchen den Widerspruch aufzulösen, indem sie Stiftungen gründen: Der Erblasser darf über den Zweck bestimmen und die Erben gehen leer aus. So wird das Vermeiden der Erbschaftsteuer zur Triebkraft für gute Taten.

Am Ende lassen sich die Widersprüche aber nicht auflösen, die zwischen Erben und Erblasser, moralischen Prinzipien und wirtschaftlichen Interessen bestehen. Deshalb wird es wieder zu zähen Verhandlungen kommen, wenn das Verfassungsgericht die Erbschaftsteuer in ihrer jetzigen Form verwirft.

Beste Grüße
Thomas Förster